Artikel: Stille Entzündungen: Der leise Brand und der Anstieg chronischer Krankheiten
Stille Entzündungen: Der leise Brand und der Anstieg chronischer Krankheiten
Viele Menschen kennen das Gefühl: Man ist offiziell gesund, alle Routinewerte beim Arzt sind unauffällig, und trotzdem fehlt die Energie. Man fühlt sich schneller erschöpft, erholt sich langsamer von Belastungen und ist anfälliger für Infekte als früher. Oft wird das als „normales Älterwerden“ abgetan. Ein Blick auf die globalen Gesundheitsdaten zeigt jedoch, dass mehr dahinterstecken könnte. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild der häufigsten Todesursachen grundlegend verändert. Während früher Infektionskrankheiten, Mangelernährung und Geburtskomplikationen dominierten, stehen heute sogenannte nicht übertragbare Krankheiten (Non-Communicable Diseases, NCDs) im Vordergrund – also Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs oder chronische Lungenerkrankungen.
Nach aktuellen WHO-Daten gehen inzwischen rund drei Viertel aller Todesfälle weltweit auf nicht übertragbare Krankheiten zurück. Unsere Gene haben sich in dieser Zeit kaum verändert. Was sich massiv gewandelt hat, ist unser Lebensstil: Ernährung, Bewegung, Schlaf, Stress, Umwelt – und damit auch das, was in unserem Körper im Hintergrund abläuft. Fachleute schätzen, dass heute über die Hälfte aller Todesfälle mit Zuständen verknüpft sind, bei denen chronische Entzündungsprozesse eine wesentliche Rolle spielen. Viele Forscher sehen deshalb einen gemeinsamen biologischen Mechanismus, der bei zahlreichen NCDs im Hintergrund mitwirkt: chronische, niedriggradige Entzündungen – sogenannte stille Entzündungen (Silent Inflammation).
Was sind stille Entzündungen genau?
Wenn wir an Entzündungen denken, haben wir meist ein klares Bild vor Augen: eine rote, schmerzende Wunde, eine eitrige Mandelentzündung, Fieber. Das sind akute Entzündungen – eine schnelle, starke und im Prinzip gesunde Reaktion des Immunsystems auf einen klaren Reiz. Stille Entzündungen funktionieren anders. Sie verlaufen leiser und langfristiger. Im Blut lassen sich häufig leicht erhöhte Entzündungsmarker nachweisen, ohne dass man sich „richtig krank“ fühlt. Besonders wichtig ist dabei ein Marker namens hsCRP (hochsensitives C-reaktives Protein): Werte im Bereich von ungefähr 1 bis 10 mg/L gelten heute als Hinweis auf eine stille Entzündung – obwohl diese Spanne traditionell oft noch als „unauffällig“ eingestuft wurde. Der Körper arbeitet in einer Art Dauer-Alarmmodus auf niedrigem Level. Dieses entzündliche Grundrauschen wird in der aktuellen Forschung zunehmend als wichtiger Faktor diskutiert, der mit der Entstehung und dem Verlauf vieler chronischer Erkrankungen verknüpft ist. Die Warnsignale sind oft unspezifisch und lassen sich leicht anderen Ursachen zuschreiben. Typisch sind zum Beispiel:
- Man ist schneller müde, obwohl man „eigentlich genug geschlafen“ hat.
- Die Konzentration lässt früher nach, ein Gefühl von „Brain Fog“ stellt sich ein.
- Körperliche oder mentale Belastungen brauchen länger, bis man sich vollständig erholt.
- Diffuse Muskel- oder Gelenkbeschwerden treten auf, ohne eindeutige Diagnose.
Genau weil diese Zeichen so unscharf sind, bleiben stille Entzündungen lange unentdeckt.
Warum stille Entzündungen bei NCDs eine Rolle spielen
Chronische, niedrig gradige Entzündungen wirken wie ein dauerhaft erhöhter Grundpegel im Immunsystem. Entzündungsbotenstoffe zirkulieren ständig in geringer Menge im Blut und beeinflussen dadurch viele Regelkreise im Körper. Ein zentraler „Schaltpunkt“ dabei ist das sogenannte NLRP3-Inflammasom – ein Proteinkomplex in bestimmten Immunzellen, der bei Überlastung dauerhaft leicht aktiv bleibt und Entzündungssignale aussendet.
Diese Signale können z. B. dazu beitragen, dass Zellen weniger gut auf Insulin reagieren (Insulinresistenz), die Gefäßinnenwände leichter Schaden nehmen (Arteriosklerose), oxidativer Stress zunimmt und Reparaturprozesse in Geweben gestört werden. Über Jahre und Jahrzehnte entsteht so ein Umfeld, in dem Stoffwechselstörungen wie Typ-2-Diabetes, Fettleber und Fettstoffwechselstörungen, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurodegenerative Prozesse leichter Fuß fassen können. Eine übermäßige Aktivierung dieses Entzündungssystems gilt heute als gemeinsamer Nährboden vieler NCDs – von Herz-Kreislauf-Erkrankungen über Diabetes und bestimmte Krebsarten bis hin zu chronischen Nierenerkrankungen und kognitivem Abbau.
Stille Entzündungen sind daher meist nicht der einzige Auslöser, aber ein wichtiger „Verstärker“ im Hintergrund: Sie sorgen dafür, dass andere Risikofaktoren – wie ungünstige Ernährung, Bauchfett, Bewegungsmangel oder Bluthochdruck – stärkere Spuren im Körper hinterlassen, als sie es in einem völlig ausgeglichenen System tun würden.
Stille Entzündungen sind kein klar umrissenes Einzelphänomen, sondern Ausdruck eines Gesamtsystems, das aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die gute Nachricht: Eben dieses System lässt sich im Alltag beeinflussen. Die Stellschrauben sind dieselben, über die wir ohnehin nachdenken – nur mit einem neuen Verständnis im Hintergrund
Sechs Ursachen und Hebel im Alltag
Im Kern lassen sich sechs Bereiche unterscheiden, die mit stillen Entzündungen besonders häufig in Verbindung gebracht werden – und an denen wir bewusst ansetzen können.
Ursache 1 - Der Darm und die Rolle der Ballaststoffe Der Darm ist eine zentrale Schaltstelle:
Hier sitzt ein großer Teil unseres Immunsystems, hier lebt unser Mikrobiom – die Gemeinschaft von Billionen Darmbakterien – und hier entscheidet sich, wie gut Nährstoffe aufgenommen werden und wie „dicht“ die Darmbarriere ist. Bereits Forscher im 19. Jahrhundert beschrieben den chronisch entzündeten Darm als gemeinsamen Nenner vieler Krankheiten – lange bevor moderne Labormethoden existierten. Unsere moderne Ernährung ist dafür oft keine Hilfe. Viele Menschen nehmen deutlich weniger Ballaststoffe auf als empfohlen, während stark verarbeitete Lebensmittel mit viel Zucker, Weißmehl und ungünstigen Fetten dominieren. Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen und Vollkornprodukte kommen im Alltag häufig zu kurz.
Zu wenig Ballaststoffe und Pflanzenvielfalt können das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringen. Bestimmte Bakterien werden gefördert, andere verdrängt, und die Barrierefunktion der Darmwand kann leiden. Gelangen dann kleinste Nahrungsbestandteile oder bakterielle Stoffwechselprodukte in den Blutkreislauf, reagiert das Immunsystem – nicht mit einem akuten Entzündungsfeuer, sondern mit dauerhaftem Glimmen. Ballaststoffe, insbesondere präbiotische, sind hier ein Schlüssel. Sie nähren nützliche Darmbakterien, fördern die Bildung schützender kurzkettiger Fettsäuren und tragen zu einer stabilen Darmbarriere bei. Gleichzeitig sorgen sie für eine langsamere, gleichmäßigere Energiebereitstellung.
Ursache 2 - Viszerales Bauchfett als stiller Entzündungsherd
Fettgewebe ist nicht nur passiver Energiespeicher, sondern ein hormonell aktives Organ. Besonders kritisch ist das sogenannte viszerale Bauchfett – das Fett im Bauchraum rund um die inneren Organe. Es kann entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzen, die den Körper in einen leicht entzündlichen Zustand versetzen. Das kann auch Menschen betreffen, die äußerlich nicht stark übergewichtig wirken, aber einen deutlichen Bauchumfang haben. In Verbindung mit ungünstiger Ernährung, Bewegungsmangel und Stress wird viszerales Fett zu einem wichtigen Verstärker für stille Entzündungen.
Ursache 3 - Chronischer Stress und die Daueranspannung des Nervensystems Stress gehört zum Leben.
Problematisch wird er, wenn aus akuten Belastungsspitzen ein Dauerzustand wird: hoher Arbeitsdruck, ständige Erreichbarkeit, kaum echte Erholung, dazu familiäre und finanzielle Sorgen. Das Stresssystem ist dann permanent aktiv, Stresshormone wie Cortisol bleiben länger erhöht. Das beeinflusst Blutzucker, Blutdruck, Fettstoffwechsel und Schlafqualität. Auf Dauer gerät das Immunsystem aus dem Takt – stille Entzündungen können leichter entstehen oder bestehen bleiben. Hinzu kommt: Unter Stress fällt es schwerer, sich gesund zu ernähren, sich zu bewegen und auf sich zu achten. So verstärken sich die Risikofaktoren gegenseitig.
Ursache 4 - Schlafmangel und fehlende nächtliche Regeneration Die Nacht ist die wichtigste Regenerationsphase des Körpers.
Im Schlaf werden Reparaturprozesse angestoßen, Gedächtnisinhalte sortiert, Stoffwechselwege reguliert und das Immunsystem neu justiert. Wer über längere Zeit zu wenig oder schlecht schläft, nimmt dem Körper einen Teil dieser nächtlichen „Wartungsfenster“. Die Folgen zeigen sich in vielen Bereichen: der Blutzuckerregulation, der Gewichtskontrolle, der Stressresistenz – und eben auch im entzündlichen Grundrauschen. Kurzfristig kompensiert der Körper vieles, langfristig steigt die Belastung. In der Alternsforschung spricht man hier von „Inflammaging“: einem mit dem Alter zunehmenden entzündlichen Grundton, kombiniert mit einer nachlassenden Fähigkeit, mit inneren und äußeren Belastungen umzugehen.
Ursache 5 - Bewegungsmangel – wenn Muskeln zu wenig „mitreden“ Muskeln sind weit mehr als Motoren für Bewegung.
Aktive Muskulatur setzt Botenstoffe frei, sogenannte Myokine, die nach heutigem Wissensstand zum Teil entzündungshemmende Effekte haben können. Regelmäßige Bewegung, auch in moderater Form, kann so auf mehreren Ebenen stabilisierend wirken: Sie verbessert die Durchblutung, unterstützt den Stoffwechsel, hilft beim Umgang mit Stresshormonen und trägt dazu bei, viszerales Bauchfett zu reduzieren oder gar nicht erst stark aufzubauen. Es muss kein Leistungssport sein. Bereits tägliche Spaziergänge, Treppen statt Aufzug, Radfahren im Alltag oder kurze Trainingseinheiten können die Weichen in eine günstigere Richtung verschieben – besonders im mittleren und höheren Lebensalter.
Ursache 6 - Fehlende Verbundenheit, Einsamkeit und mangelnde Freude
Der letzte Faktor klingt weicher, ist aber physiologisch nicht weniger relevant. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Einsamkeit, fehlende emotionale Unterstützung und ein dauerhaftes Gefühl von Überforderung oder innerer Leere sind Stressoren für Körper und Psyche. Umgekehrt wirken soziale Verbundenheit, echte Gespräche, gemeinsames Lachen und Aktivitäten, die Freude machen, regulierend auf das Stresssystem. Sie können den Tonus des Nervensystems beeinflussen, Schlafqualität verbessern und indirekt dazu beitragen, das entzündliche Grundrauschen zu senken. Ein Abend mit guten Freunden oder ein Spaziergang mit einem vertrauten Menschen sind damit nicht nur „nett“, sondern auch ein Beitrag zur inneren Balance.
Ernährung als täglicher Hebel: Das System entlasten
Ernährung ist kein Zauberschalter, der stille Entzündungen von heute auf morgen verschwinden lässt. Aber sie ist ein täglicher, enorm wirkungsvoller Hebel. Jede Mahlzeit entscheidet mit darüber, ob wir unser System belasten oder entlasten. Stark verarbeitete Lebensmittel mit viel Zucker, Weißmehl, Transfetten und Zusatzstoffen liefern schnelle Energie, aber wenig Mikronährstoffe und kaum Ballaststoffe. In Kombination mit Bewegungsmangel, Schlafmangel und Stress entsteht ein Milieu, in dem stille Entzündungen leichter entstehen oder bestehen bleiben. Eine entzündungsbewusste Ernährung setzt dagegen auf:
- reichlich Ballaststoffe aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Vollkornprodukten,
- eine hohe Vielfalt pflanzlicher Lebensmittel mit ihrem breiten Spektrum an Polyphenolen und sekundären Pflanzenstoffen,
- eine gute Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren.
Studien zur mediterranen Ernährung zeigen, wie stark dieser Hebel sein kann. In der großen PREDIMED-Studie stellten Menschen mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko ihre Ernährung auf eine mediterrane Kost mit viel Olivenöl oder Nüssen um. Nach fünf Jahren war ihr hsCRP-Wert – also der Marker der stillen Entzündung – im Durchschnitt um rund die Hälfte gesunken, während er in der Kontrollgruppe mit klassischer „fettarmer“ Kost deutlich anstieg.
Es geht nicht um Perfektion, sondern um eine Richtung: mehr echte, möglichst naturbelassene Lebensmittel, weniger ultra-verarbeitete Produkte. Jede zusätzliche Portion Gemüse, jedes ballaststoffreiche Frühstück, jede pflanzliche Zwischenmahlzeit ist ein kleiner Impuls in die richtige Richtung.
„Food First“ statt Pille: Warum echte Lebensmittel im Vorteil sind
Viele Menschen reagieren auf Müdigkeit, Infektanfälligkeit oder diffuse Beschwerden mit isolierten Nahrungsergänzungsmitteln: Vitamin C hier, Zink dort, vielleicht ein Multivitamin dazu. Das kann situativ sinnvoll sein, bleibt aber in einem Punkt begrenzt: Unser Körper ist nicht auf einzelne isolierte Substanzen ausgelegt, sondern auf komplexe Kombinationen aus echten Lebensmitteln.
In natürlichen Lebensmitteln kommen Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, Polyphenole und andere Pflanzenstoffe gemeinsam vor. Sie greifen auf vielfältige Weise ineinander. Dieses Zusammenspiel – häufig als Synergieeffekt beschrieben – ist ein starkes Argument für einen „Food First“-Ansatz: Erst die Ernährung qualitativ verbessern, dann gezielt ergänzen, wenn es wirklich nötig ist. Gerade in Hinblick auf stille Entzündungen ist dieser Ansatz spannend. Anstatt auf eine „Wunderpille“ zu hoffen, wird das System insgesamt in eine günstigere Richtung verschoben – durch mehr Pflanzenvielfalt, mehr Ballaststoffe, mehr Schutzstoffe, die der Körper jeden Tag zur Verfügung hat.
Genau hier setzt die Pflanzenportion von the plant party® an. Sie wurde für Menschen entwickelt, die diesen Weg gehen wollen, denen aber im Alltag oft die Zeit für die perfekte Küche fehlt. Die Pflanzenportion ist keine Medizin, sondern ein praktischer Baustein für einen Lebensstil, der dem Körper gibt, was er oft vermisst: echte, komplexe Pflanzenkraft.
Fazit: Den inneren Brand ernst nehmen – ohne Panik, aber mit Konsequenz
Stille Entzündungen sind kein exotisches Spezialthema, sondern ein mögliches Bindeglied zwischen modernen Lebensgewohnheiten und dem Anstieg nicht übertragbarer Krankheiten. Sie entstehen nicht über Nacht, sondern sind die Summe vieler kleiner Faktoren: Ernährung, Darmgesundheit, Bauchfett, Stress, Schlaf, Bewegung, soziale Verbundenheit.
Gerade weil so viele Stellschrauben beteiligt sind, gibt es auch viele Ansatzpunkte. Mehr Pflanzenvielfalt, ausreichend Ballaststoffe, schützende Pflanzenstoffe, eine bessere Omega-3-Versorgung, regelmäßige Bewegung, guter Schlaf, bewusste Erholung und gelebte Beziehungen – all das kann dazu beitragen, das entzündliche Grundrauschen zu senken.
Perfektion ist nicht nötig. Entscheidend ist, dass die Richtung stimmt. Jede bewusste Entscheidung für mehr echte Nahrung, mehr Pflanzen, mehr Bewegung und mehr Verbundenheit ist ein kleiner Schritt weg vom leisen Brand – und hin zu mehr Widerstandskraft im Alltag.



